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Brauche ich als normaler Arbeitnehmer eine Vision für meine Arbeit?

  • Autorenbild: Irene Timmers
    Irene Timmers
  • 2. Apr.
  • 6 Min. Lesezeit

Die Welt bewegt sich wirtschaftlich gefühlt immer schneller und kaum glaube ich die eine Katastrophe im Griff zu haben, warten schon die nächsten 3 auf mich! Vielfach war in den letzten Jahren die Antwort darauf: Unternehmen brauchen einen Purpose! Die Mitarbeitenden wollen einen Sinn im Leben sehen und insbesondere die Generation Z will nicht einfach mehr leisten. Viele Organisationen strebten nach mehr Selbstorganisation und agilen Arbeitsweisen, um sich diesem Thema anzunähern.


Das Ergebnis ist ernüchternd. Vor allem in vielen großen Unternehmen und Organisationen gehen diese Entwicklungen sehr langsam vonstatten, teilweise wird bereits wieder zurückgerudert.


Dabei braucht es kein Umkrempeln bestehender Strukturen und Überzeugungen. Aufbauend auf dem Bisherigen lässt sich zwar aus dem „unbeweglichen Tanker“ kein Lotsenboot machen, jedoch ein deutlich wendigeres und dennoch stabiles Schiff.



Ein anderes Verständnis für Strukturen


Unternehmen stellen Systeme dar. Niklas Luhmann hat sich in seiner Systemtheorie mit sozialen Systemen beschäftigt. 


Er sagt, dass jeder Mensch für sich ein System darstellt und jede Interaktion mit anderen wiederum ein neues System bildet. Durch diese Interaktionen zwischen den Systemen kommt es zu einer Komplexität in den Unternehmen, denn jedes System weiß nicht, wie das andere agiert und ist damit für das jeweilige System unberechenbar. Wenn ich einem Kollegen sage, dass er eine Aufgabe zu erledigen hat, weiß ich zunächst nicht, wie er reagiert. Es herrscht also durch diese Komplexität eine Art unbeherrschbares Chaos. Routinen führen, laut Luhmann, zu einer Komplexitätsreduktion: Durch ein Wenn-Dann-Muster ist die Handlung vorhersehbar: Wenn eine Bestellung eingeht, dann … oder Wenn eine Ressource im Unternehmen ausfällt, dann… 


Durch die Einführung von Strukturen schaffe ich Ordnung: Ich teile die Arbeit auf, auf z.B. Menschen, die das Unternehmen führen und für Ordnung sorgen und in Menschen, die als Experten definierte Aufgaben bearbeiten. 


Schauen wir nochmals auf das Beispiel unter der Voraussetzung, dass eine Struktur und dass Routinen vorhanden sind: Ich sage einem Kollegen, dass er eine Aufgabe zu erledigen hat. Dann gehöre ich innerhalb der Struktur zu den Menschen, die das Unternehmen führen und Ordnung schaffen und der Kollege zu den Experten. Damit sind die Aufgaben klar und wir wissen, wie die Routinen funktionieren – die Komplexität ist reduziert, wir müssen kein Miteinander mehr aushandeln. Denn die Struktur und die vorgegebenen Routinen geben dies vor. 


Damit können wir uns auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren. Strukturen und Routinen sind also wichtig für ein funktionierendes System.



Meeting um die eigene Vision zu erreichen



Warum blockieren Routinen anstelle – gemäß Luhmann – zu entlasten


Laut Luhmann sind Routinen nach dem Wenn-Dann-Muster Entscheidungen: Wenn ein neuer Mitarbeiter im Unternehmen startet, dann braucht es einen Arbeitsplatz für ihn mit einem Rechner und einem Telefon. 


D.h. es kommt eine Veränderung (ein neuer Mitarbeiter beginnt) und es bedarf einer Handlung. Mithilfe der Routine weiß ich genau, was ich tun muss (Bestellung eines Rechners und eines Telefons). 


Routinen und Strukturen helfen also, Stabilität und Verlässlichkeit in Organisation zu bringen.


Wenn die Routinen nicht ausreichen, um mit den Veränderungen der Umwelt umgehen zu können, tendieren wir Menschen dazu, mehr Routinen einzuführen und zu kontrollieren, ob diese funktionieren. Im obigen Beispiel könnte dies dazu führen, dass vor der Bestellung eine Budgetfreigabe durch eine Person X notwendig ist. 


Damit werden die Handlungsspielräume der Menschen (in dem Fall meine als die bestellende Person) innerhalb dieser Routinen eingeschränkt. Sie verlieren an Handlungsfähigkeit und werden zu Abarbeitenden der Routinen. 



Routinen richtig eingesetzt schaffen Handlungsfähigkeit außerhalb von Hierarchien


Luhmann sagt, dass Handlungen in Routinen „taktlos und ausdrucksschwach sind“, und damit Entscheidungen unabhängig von der Hierarchie getroffen werden können. 


Wenn wir auf agile Vorgehensmodelle schauen, werden auch dort Routinen eingesetzt: Bspw. existieren diverse Routinen, ohne dass eine Hierarchie notwendig ist: 


Es gibt bei Scrum z.B. Dailys, Retrospectiven, Sprintplannings als regelmäßige Meeting ohne Vorgesetzte. Es gibt Backlogs, Sprintbacklogs und Artefakte als Aufgaben und ihre Ergebnisse. Und es gibt definierte Rollen wie Scrum Master, Product Owner, das Team usw. 



Diverse Routinen, ohne notwendige Hierarchie liefern klare Ergebnisse

Die agilen Vorgehensmodelle benötigen diese Routinen, um Entlastung zu schaffen und für Stabilität und Verlässlichkeit sorgen: Wenn etwas im Team nicht funktioniert, ist der Scrum Master dafür zuständig, dafür zu sorgen, dass die Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, der Kunde ist für die Abnahmen der „Teil-) Produkte zuständig usw. 


Es braucht also Routinen und Strukturen in selbstorganisierten Formaten. 




Eine Vision hilft, Routinen eine Richtung zu geben


Simon Sinek ist aufgefallen, dass Unternehmen dann erfolgreich sind, wenn sie sich Gedanken gemacht haben, was ihre Kunden bewegt und was sie interessiert: also was ihr Bedürfnis ist. Apple z.B. hat nicht mehr kommuniziert: „Wir verkaufen Computer und die sind toll, weil …“, sondern „Wir entwickeln Computer die schön anzusehen und leicht zu bedienen sind.“ Das Unternehmen hat damit die Bedürfnisse nach Ansehen und Bequemlichkeit / Einfachheit der Kunden angesprochen. 


John F. Kennedy soll einmal einen Hausmeister im NASA Space Center nach seiner Tätigkeit gefragt haben, der daraufhin geantwortet haben soll, dass er helfe, einen Mann auf den Mond zu bringen. 


Die Ausrichtung der Tätigkeiten eines Unternehmens in Richtung der Bedürfnisse des Kunden gibt gleichzeitig den Mitarbeitenden einen sinnstiftenden Wert für ihre Aufgaben und Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens. Jeder Mitarbeitende richtet seine Tätigkeiten danach aus und stellt sie damit sozusagen „in den Dienst“ der Erfüllung des Kundenbedürfnisses. 




Wenn ich weiß, wohin ich will, richte ich all mein Tun dahin aus


Schauen wir nochmals auf die Ausgangsfrage: Brauche ich als normaler Arbeitnehmer eine Vision? 


Nehmen wir ein ganz einfaches Beispiel:


Jedes Jahr nehmen sich sehr viele Menschen am Anfang des Jahres vor, mehr für ihre Gesundheit zu tun und wieder mehr Sport zu machen. Meist klappt dies ein paar Wochen lang, dann wird es irgendwann anstrengend und andere Themen erhalten eine höhere Priorität, es kommt zu ersten Unregelmäßigkeiten und irgendwann ist das Vorhaben aus den Augen verloren. 


Im Sinne der obigen Ausführung wäre dies also eine Routine, die es einfach nur abzuarbeiten gilt: „Jeden Montag und Donnerstag 5 Kilometer Laufen“ (oder anders ausgedrückt: Wenn Montag oder Donnerstag ist, ziehe ich meine Sportkleidung an und laufe 5 Kilometer). 


Jetzt nehmen wir noch einen sinnstiftenden Wert dazu: Ich möchte erfolgreich an der Badische Meile im Mai teilnehmen und erfülle mir damit das Bedürfnis nach Anerkennung. Dann werde ich all meine Tätigkeiten danach ausrichten: 


  • Ich erzähle anderen davon, um nicht doch abzuspringen – weil es ist ja jetzt allen bekannt und ich kann keinen Rückzieher machen

  • Ich erzähle anderen davon, um evtl. Mitläufer zu gewinnen – denn zu mehreren macht es mehr Spaß

  • Ich achte darauf, dass mein Alltag Freiräume hat, um mich auf den Lauf vorzubereiten. Wenn ich jeden Montag und Donnerstag morgens laufe, achte ich darauf, dass keine Meetings oder Abgabetermine vor 10 Uhr in meinem Kalender stehen 

  • usw. 


Und damit bin ich bei Routinen und Strukturen, die mich im Alltag unterstützen mein Ziel zu erreichen. 




Fazit


Es braucht nicht immer die große übergeordnete Vision, um gute Arbeit zu leisten. Wenn eine solche existiert, braucht es Strategien und Ziele, diese Vision umzusetzen. Und die Ziele der Mitarbeitenden können auch sehr unterschiedlich sein. Damit die Vision „funktioniert“ sind diese unterschiedlichen Ziele zu berücksichtigen. 


Für einen ersten Schritt reicht es, bei Vorhaben zumindest ein übergeordnetes Ziel zu haben: z.B. „warum führen wir dieses Projekt durch“. Es hilft, eine Orientierung zu haben. Denn die Mitarbeitenden und Projektbeteiligten richten automatisch (unbewusst) die eigenen Tätigkeiten darauf aus. 


Routinen und Strukturen erleichtern den Projektbeteiligten, die Arbeit, weil sie sich auf die eigentlichen Arbeiten konzentrieren können – die Routinen sorgen für die Entlastung bei Entscheidungen. 


Der „Tanker“ erhält mit der Erweiterung durch das Ziel mehr Dynamik, weil nicht von oben herab die Tätigkeiten „verordnet“ werden, sondern die Mitarbeitenden mit „ins Boot geholt“ werden. Sie richten ihre Tätigkeiten auf das Ziel aus und nutzen die Routinen und Strukturen, dieses zu erreichen. 


Probieren Sie es aus: Wünschen Sie sich etwas? Dann hängen Sie ein Bild davon (oder ein Bild, welches das Ziel symbolisiert) an den Spiegel und schauen Sie es jeden Tag an. Und betrachten Sie nach vier Wochen ihr Tun und Handeln, ihre innere Einstellung? Was hat sich verändert? Wie nah sind Sie Ihrem Ziel?  





Quellen:

Niklas Luhmann

Schriften zur Organisation 1 – Die Wirklichkeit der Organisation. Hrsg. Ernst Lukas & Veronika Tacke, 2018. Wiesbaden: Springer VS.


Simon Sinek

Frag immer erst: warum. Wie Top-Firmen und Führungskräfte zum Erfolg inspirieren (Originaltitel: Start With Why. How Great Leaders Inspire Everyone to Take Action, 2009, übersetzt von Christian Gonsa). Redline, München 2014


 


Erfrischen Sie Geist & Körper und verfolgen neue Ziele in jeder Lebenslage.

Irene Timmers – Beraterin, Coach, Mediatorin
Irene Timmers – Beraterin, Coach, Mediatorin

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