Es sind nicht die Skills: Wie unerfüllte Bedürfnisse stille Konflikte im Team auslösen – Einfach erklärt mit dem Riemann-Thomann-Modell.
- Irene Timmers
- 2. Juli
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen
Wenn ich Führungskräfte nach der Leistung ihres Teams frage, höre ich oft ein "Läuft doch alles". Auf den ersten Blick stimmt das:
Deadlines werden eingehalten, die Stimmung wirkt solide, offizielle Konflikte?
Fehlanzeige.
Doch wer tiefer eintaucht, entdeck ein anderes Bild:
endlose Meetings ohne klaren Fokus, Aufgaben, die wie heiße Kartoffeln hin- und hergeschoben werden, subtile Spannungen zwischen den Zeilen.
Hier zeigt sich, dass Probleme selten an fehlenden Skills oder Tools liegen, sondern an unberücksichtigten Grundbedürfnissen der Menschen, die gemeinsam arbeiten.
Genau hier setzt das Riemann-Thomann-Modell an. Es macht sichtbar, welche Persönlichkeitsrichtungen in deinem Team überrepräsentiert sind und wo essenzielle Qualitäten fehlen. Ordnung versus Freiheit, Nähe versus Distanz.
Wenn eines dieser Pole dauerhaft zu kurz kommt, gerät das fragile Gleichgewicht ins Wanken: Motivation sinkt, Qualität leidet, Innovationskraft versiegt.
In diesem Artikel erfährst du, warum Diversität im Team mehr bedeutet als gemischte Skills und wie du mit einer Team-Aufstellung nach Riemann-Thomann versteckte Spannungen entschlüsselst. Du lernst, Rollen bewusster zu vergeben, Kommunikation gezielter zu steuern und ein Umfeld zu schaffen, in dem jede Persönlichkeit ihr volles Potenzial entfalten kann. Das Ergebnis: mehr Vertrauen, weniger Missverständnisse, gesteigerte Leistungsfähigkeit, für ein Team, das wirklich zusammenarbeitet.
Also, bist du bereit, unter die Oberfläche deiner Teamdynamik zu schauen?
Dann lies weiter:
Erfahre Schritt für Schritt, wie das Modell praktisch angewendet wird und so aus funktionaler Zusammenarbeit echte High-Performance-Synergie wird.

Was ist das Riemann-Thomann-Modell?
Der Psychologe Fritz Riemann entwickelte in den 1960er Jahren vier Grundformen der Angst (Angst vor Hingabe, Angst vor Einsamkeit, Angst vor Grenzenlosigkeit und die Angst vor Festlegung) und analysierte damit verbundene Persönlichkeitsstrukturen der Menschen, die diese zeigen, wenn sie an einer bestimmten Angst leiden.
Christoph Thomann entwickelte dies weiter und übertrug diese auf die Grundeinstellungen, die sich im Verhalten und in der Haltung zeigen. Er setzte diese Bedürfnisse in Beziehung zueinander in Form eines Koordinatensystems.
Im nachfolgenden die Erklärung dazu:
Dauer
„Das gehört sich so“ … „Immer schon …“
Im Griff haben, Prinzipien, Verantwortung, Zuverlässigkeit, treu, ordentlich, zielorientiert, systematisch, Organisation, Struktur
Dogmatisch, unflexibel, pedantisch, polemisch, kontrollierend
Wechsel
„Mit ist danach“ … „Lebe JETZT …“
Lebendigkeit, Kreativität, Flexibilität, Entwicklung, Prozessorientierung, Freiwilligkeit, Einzelregelung, improvisierend, dynamisch, Spontanität, Überraschung
Unzuverlässig, oberflächlich, chaotisch
Nähe
„Ja!“ … „Ich für Dich und Du für mich“
Liebevolle Nähe, Gefühle, Vertrauen, Gruppenerfolg, Solidarität, Gleichheit, Emotion, warmherzig, kontaktfreudig, Kooperation
Vereinnahmend, nie „Nein“ sagen können, abhängig
Distanz
„Nein!“ … „jeder für sich“
Unabhängigkeit, Freiheit, Individualismus, Alleinsein, Intellekt, Respekt, Kühle, Abstand, Selbstverantwortung, rational, entschieden
Kühl, uninteressiert, unbeholfen
Wir zeigen in verschiedenen Situationen unterschiedliches Verhalten, jedoch lässt sich ein Mensch meist einer der vier Grundrichtungen zuordnen. „Der ist immer so akkurat“, „ständig kommt sie mit neuen Ideen um die Ecke“ sind typische Sätze über Personen, die darauf hindeuten, welches Verhalten und welches Grundbedürfnis diese haben.
In einem Team zeigen sich unterschiedliche Grundbedürfnisse. In der Interaktion kann dies zu ineffizienten Abläufen, Missverständnissen oder gar Reibereien führen oder eben zu sehr guter Zusammenarbeit und einem innovativen Team.
Über die Aufstellung des Teams im Riemann-Thomann-Kreuz lassen sich viele Rückschlüsse auf das Verhalten eines Teams ziehen und Maßnahmen ableiten, dieses zu verändern.
Wie die Aufstellung im Riemann-Thomann-Modell in der Praxis funktioniert.
In einem ersten Schritt kann ein Team sich innerhalb des Kreuzes einmal aufstellen. Dazu wird ein Kreuz auf den Boden gelegt und an den Endpunkten die vier Ausprägungen hingelegt. Im nächsten Schritt stellen sich die Teammitglieder innerhalb des gesamten Quadranten an die Stelle, an der sie meinen, wie sie sich innerhalb des Teams verhalten. Z.B. stellt sich jemand, der für Struktur und das Einhalten der Prozesse einsetzt, eher in Richtung der Ausprägung Dauer, während jemand, der immer wieder neue Ideen einbringt, eher im Bereich Wechsel steht. Dabei gibt es immer zwei Ausprägungspärchen, die zu betrachten sind: Dauer-Wechsel-Achse und die Nähe-Distanz-Achse. Z.B. ist die Person, die Struktur und Ordnung liebt eher eine Person, die für sich arbeitet. Dann wird sie sich eher irgendwo im Quadranten Dauer – Distanz hinstellen.
Allein dieses Aufstellen visualisiert typische Verhaltensweisen einzelner Personen im Team sowie des gesamten Teams, u.a.:
Erkenntnisse und Verständnis für die jeweilige Haltung anderer Teammitglieder („Ach, da hast Du Dich aufgestellt – ich hätte dich ganz woanders gesehen“)
Manches Mal zeigt sich ein Über- oder ein Unterangebot an Ausrichtungen in den Teamkompetenzen (im Bereich Nähe-Wechsel steht keine Person oder im Verhältnis zu den anderen Quadranten sehr wenige)
Mit zusätzlichen Fragen können diese Erkenntnisse noch vertieft und verfeinert werden:
Z.B. beim obigen Beispiel die Person bitten, die andere Person dahin zu stellen, wo sie diese sieht. Im Anschluss die „umgestellte“ Person fragen, wie es ihr ergeht.
Oder eine Person fragen, ob sie sich wohlfühlt, wo sie gerade steht. Wenn dies verneint wird, dann die Person bitten, sich dahin zu stellen, wo sie lieber stehen möchte. Im Anschluss das Team fragen, was das Team dazu sagt.
Man kann das Riemann-Thomann-Kreuz zusätzlich zwischen zwei Personen legen, die sich innerhalb des Kreuzes recht nah aufgestellt haben. Dann ist erkennbar, welche Tendenzen im Verhalten evtl. zu einem Unterschied zwischen diesen Personen führen.
Was du aus der Riemann-Thomann-Aufstellung für dich und dein Team ableiten kannst.
Mit diesen Informationen lassen sich Maßnahmen ableiten, die einem Team helfen, über z.B.
· andere Aufgabenverteilungen
· bessere Rollenabgrenzungen
· andere Strukturen für mehr Transparenz und Klarheit
Beispielsweise kann über folgende Fragen überlegt werden, wie man damit umgeht, wenn ein Bereich / Quadrant durch das Team „unterrepräsentiert“ wird:
Wie geht das Team im Alltag damit um? Führt diese Lücke zu weniger Ideenreichtum im Team? Ist das Team weniger bereit, auf Veränderungen einzugehen? Gibt es Konflikte? Arbeitet eher jeder für sich und es gibt kein wirkliches Miteinander?
Beispielsweise kann über folgende Fragen überlegt werden, wie man damit umgeht, wenn ein Bereich / Quadrant durch das Team „überrepräsentiert“ wird:
Wie fühlen sich die Teammitglieder innerhalb des Quadranten: fühlen sie sich wohl oder beengt? Versuchen sich die Teammitglieder voneinander abzugrenzen und kommt es immer wieder zu Sticheleien oder kleinen Missverständnissen?
Das Riemann-Thomann-Modell ist ein psychologisches Modell, welches Erklärungen liefern kann, wie die Persönlichkeitsstrukturen das Verhalten der Teammitglieder und damit des Teams im Gesamten bestimmen, formen und beeinflussen.
Es kann sowohl zur allgemeinen Teamentwicklung als auch in konkreten Konfliktsituationen eingesetzt werden. In Verbindung mit professioneller Systemaufstellung und externer Moderation lassen sich dabei wertvolle Erkenntnisse über die Teamdynamik und Leistungsfähigkeit gewinnen. Gleichzeitig können im gemeinsamen Prozess gezielt Lösungen und Maßnahmen erarbeitet werden.
Zusammenfassung für deine Teamdynamik und den stillen Konflikten im Team:
Die Performance eines Teams hängt auch ab:
von der Zusammenarbeit,
vom Verständnis füreinander und
wie das Team auf bestimmte Ausprägungen reagiert.
Das Riemann-Thomann-Modell ist eine Möglichkeit, sich dieser Fragestellung zu nähern und durch die Visualisierung im ersten Schritt ein Bewusstsein im Team zu schaffen für unterschiedliche Bedürfnisse und den Fähigkeiten, damit umzugehen. Vertiefend kann eine Systemaufstellung helfen, weitere Erkenntnisse zu gewinnen und je nach Aufgabenstellung Lösungswege und Maßnahmen abzuleiten.
Das Modell kann auch z.B. an einem Projektanfang, wenn ein neues Team aufgestellt wird, genutzt werden. So erhält man wertvolle Informationen, ob evtl. Kompetenzen und Charaktereigenschaften fehlen bzw. die Teammitglieder lernen sich auf eine einfache Art kennen und haben von Anfang an ein besseres Verständnis füreinander.
Veränderung beginnt mit Klarheit und einem echten Blick nach innen.

Und ich begleite Sie dabei, genau hinzuschauen:
Was darf verändert werden im Team, in der Führung, in den Strukturen? Denn wenn Sie nachhaltigen Wandel möchten, entsteht dieser durch tiefen Fokus.
Wenn Sie also mehr Balance und Wirksamkeit während des Veränderungsprozesses möchten, dann lade ich Sie herzlich zu einem persönlichen Gespräch ein. Zusammen sprechen wir über:
Was sie verändern möchten
Was Sie aktuell herausfordert
Welche Möglichkeiten durch die Veränderung auf Sie warten
Gerne können Sie mich auch direkt anrufen oder mir eine Mail senden.
T. 01 72 / 6 43 44 24